Farbenrausch im Behrensbau: Verstecktes Juwel

Auf einem Industriegelände im Westen Frankfurts befindet sich ein expressionistisches Meisterwerk der Industriearchitektur. Architekt Peter Behrens spielte vor 100 Jahren nicht nur die Formen, sondern auch mit den Farben.

Es ist über das Gebäude vermutlich alles gesagt – und dieser Blogpost muss trotzdem in die Welt hinaus. Einfach weil die Farben so toll sind und weil der Bau so ein Schlaraffenland der Motive ist! Dies wird also ein textarmer Bilderpost zum Freuen und Bewundern gebauter Schönheit.

Hier die Infos zu den Fotos in aller Kürze: Das „Technische Verwaltungsgebäude der Hoechst AG“ entstand zwischen 1920 und 1924 als Erweiterung eines bestehenden Verwaltungsgebäudes auf dem Gelände der Farbwerke Hoechst AG. Architekt des expressionistischen Gebäudes ist Peter Behrens – wahrer Gestaltungs-Allrounder: Er war nicht nur als Architekt, sondern auch als Maler, (Industrie-)Designer und Typograf tätig. Besonders markant ist der so genannte Lichthof mit den farbigen Ziegelsteinen, der fast dazu zwingt, etwas von „Kathedrale der Industrieachitektur“ zu sagen.

Die Vielseitigkeit und Umsichtigkeit von Peter Behrens spürt man im nach ihm benannten Gebäude auf dem ehemaligen Hoechst-Campus sehr deutlich. Ich kannte ihn als eher mit der Form arbeitend, aber hier trägt die üppige Verwendung von farblicher Gestaltung besonders zum tollen Gesamteindruck bei.

Außenaufnahmen durfte ich bei der Führung, an der ich teilgenommen habe, nicht machen, aber es gibt zum Beispiel welche auf der Seite von Infraserv Höchst, die den Industriepark betreiben und über die man auch Führungen buchen kann. Ohne das kommt man nicht aufs Gelände. Und jetzt viel Freude mit den Innenfotos:

Hier kann man gut den Trick beobachten, mit dem der Lichthof optisch vergrößert wird: Die Etagen verlieren nach oben hin an Höhe und auch die Lampen reduzieren sich in der Größe.
Von außen wirkt das Gebäude recht festungsartig und auch der Eingang zum Lichthof ist eher niedrig. Vermutlich steigert auch das dann den Aaaahhh-Effekt, wenn der Blick in die Höhe geht.
Es gibt noch viele Details aus der Bauzeit, wie zum Beispiel Uhren, Beschläge, Lampen und ein funktionierender Paternoster.
Das Foto, für das man bei den Führungen etwas Geduld aufbringen muss – die Zentralperspektive nach oben im Lichthof. Hat man Pech, steht dort die Person, die die Führung macht.
Hier im Ausstellungsraum konnte man früher mal die Farben im Angebot der Hoechst AG betrachten. Wie das mit der dominanten Farbgestaltung gehen sollte, ist mir nicht ganz klar …
Blick zur Decke im Ausstellungsraum, der noch expressiver wirkt als die des Lichthofs.
Letztes Bild aus dem Ausstellungsraum. Die Figur eines Arbeiters mit dem Titel „Aufbruch“ von Künstler Richard Scheibe aus dem Jahr 1922.
Blick den Flur entlang. Noch heute wird der Bau auch durch die Verwaltung genutzt.
Ein originaler Türbeschlag. 

Wer die Geschichte des heute natürlich denkmalgeschützten Gebäudes und seiner Nutzung genauer wissen möchte, findet die ausführliche Fassung zum Beispiel bei Kunsthistorikerin Daniela Christmann oder auch eine Reportage auf Deutschlandfunk Kultur.

Mein Dank geht an Gregor Zoyzoyla fürs Anschubsen 😊

PS: Und wer Lust hat auf noch mehr schönen Backstein der Zwischenkriegszeit hat, findet in meinem Beitrag über die Bauten des Backsteinexpressionismus in Essen sicher auch Lieblingsgebäude.

Summary

The Behrensbau in Frankfurt, designed by Peter Behrens and built between 1920 and 1924, is a remarkable example of expressionist industrial architecture, where both form and colour play a central role. Located on the former Hoechst AG campus, it combines Behrens‘ diverse talents to make it a Gesamtkunstwerk. The building, originally an extension of the Hoechst AG administration building, still serves as a working place as well as centre of attention for fans of interwar architecture.